„Wir sind der Bauausschuss und nicht die Sittenpolizei!“
Im oberbayerischen Waldkraiburg setzte sich am Mittwochabend der Bauausschuss mit der Frage auseinander, ob Erotikdarstellerin „Vika Viktoria“ und ihr Partner Genehmigung für Filme von zu Hause aus bekommen sollten.
Waldkraiburg – „Bauvoranfrage; Teilweise Nutzungsänderung eines Raumes in einer Wohnung für Internetübertragung von erotischen Darstellungen“ so lautet der neunte Tagesordnungspunkt für die am Mittwochabend stattfindende Sitzung des Bau-, Verkehr- und Umweltausschusses. Das Gremium musste darüber entscheiden, ob eine Ausnahme gemacht wird, da es sich nach Angaben des Paars um ein „nicht störendes Gewerbe“ handelt, wie innsalzach24.de* berichtet.
Vika Viktoria produziert gemeinsam mit ihrem Mann Christian „Bayernsepp“ L. von ihrer Wohnung in Waldkraiburg aus Schmuddelfilme. Bekannt wurden sie durch Medienberichte darüber, dass in der gemeinsamen Wohnung auch ihre drei Kinder wohnen. Sie betonen aber, dass diese von ihrer Arbeit nichts mitkriegen würden. Der Haushalt sei sauber. Wenn die Kinder zuhause sind, seien sie keine Erotikdarsteller mehr, sondern Eltern.
In der Folge hatten sich auch Jugendamt und ihr Vermieter bei ihnen gemeldet. Das Amt stellte jedoch keine Gefährdung des Kindeswohls fest. Der Vermieter hatte ihnen mit Kündigung gedroht.
Nach einer kurzen Diskussion stimmte der Bauausschuss mehrheitlich mit drei Gegenstimmen für die Genehmigung für das Paar.
Bauamtsleiter Rainer Schwunck stellte klar, dass die Stadtverwaltung die Thematik rein unter baurechtlichen Gesichtspunkten betrachtet habe. „Das haben wir uns wirklich nicht einfach gemacht und, unter anderem, auch eine Stellungnahme der Regierung eingeholt.“ Insgesamt spräche aus baurechtlicher Sicht nichts gegen die Ausnahmegenehmigung.
Andere Sachlage als bei Natalie Hot
„Die Nutzungsänderung bezieht sich auf einen relativ kleinen Bereich der Gesamtwohnung. Es gibt keinen Kundenverkehr und daher ist auch keine Stellplatzregelung erforderlich“ Es sei auch ganz klar auch ein nicht störendes Gewerbe, da kein Lärm enstehte oder eine Störung der Nachbarschaft erfolge. „In der Umgebung überwiegt zwar eine Wohnnutzung, aber es gibt auch teils Gewerbe- und beispielsweise Büronutzungen“, gab Schwunck zu bedenken. „Rein baurechtlich können wir daher keine Ablehnung empfehlen“, schloss er, „Was Sie dann entscheiden, ist natürlich ihre Sache!“
Er ging auch auf das Verfahren am Verwaltungsgericht im Fall der Ampfinger Erotikdarstellerin Natalie Hot ein. „Da waren die Umstände ganz andere“, führte er aus, „Zum ersten gab es Besucherverkehr dadurch. Vor allem aber war dort durch einen Bebauungsplan eindeutig geregelt, dass Gewerbe nicht zulässig ist. Das ist aber in unserem Fall nicht so.“
Einige kritische Stimmen
„Das Ganze stört mich grundsätzlich nicht“, bemerkte Rainer Zwislsperger (CSU), „Aber ich würde es unter zwei Bedingungen ablehnen: Wenn die Nachbarn sich gestört fühlen würden oder der Antrag nicht vom Vermieter ausging. Denn es würde sich ja jeder sauber bedanken, wenn er etwas als Wohnimmobilie vermietet hat und dann der Bauausschuss ihm daraus eine Gewerbenutzung macht!“
„Aus der Nachbarschaft sind uns keine Beschwerden bekannt“, erklärte Schwunk, „Allerdings war es auch nicht unsere Aufgabe, da eine Befragung durchzuführen.“ Der Vermieter sei klar gegen diese Nutzung. „Aber das steht hier nicht zur Debatte, es geht um Bau- und nicht Privatrecht!“
Entschlossener dagegen war CSU-Stadträtin Margit Roller: „ich bin der Meinung, dass wir da nicht zustimmen müssen!“ Sie wies auf die Nähe zu einer Grundschule hin.“Da diese Aufnahmen unter Tags gemacht werden, frage ich mich, ob da etwa im Sommer immer die Fenster zu bleiben“, gab sie zu bedenken, „Der Vermieter wird ja auch seine Gründe gehabt haben, dagegen zu sein“
„Sind nicht die Sittenpolizei“
„Diese Argumentation finde ich sehr weit hergeholt“, entgegnete Andreas Knoll (SPD), „Es gibt da keinen Kundenverkehr, das spielt sich alles in einem Raum übers Internet ab. Man kann ja aus moralischen Gründen dagegen sein, aber aus baurechtlichen sehe ich da keine Probleme!“Auch UWG-Stadtrat Done Brunnhuber meldete Bedenken an.“Da schafft man Fakten und wie geht’s dann weiter, wenn das dann mal störend ist? Wenn das ausgebaut wird beispielsweise?“ „Ich habe ja auch ein bisserl Bedenken gehabt, als ich den Antrag gekriegt hatte“, erklärte sein UWG-Kollege Gustl Schenk, „Aber aus der Medienberichterstattung habe ich dann erfahren, dass sich da ja offenbar keiner der Nachbarn daran stört. Daher finde ich, man muss da nix diskutieren.“
„Wir sind der Bauausschuss und nicht die Sittenpolizei“, stellte Christoph Vetter (UWG) seine Position klar.
Die beiden Antragsteller zeigten sich mit der Entscheidung zufrieden. „Ich hätte nicht gedacht, das sowas im konservativen Bayern möglich ist. Wir sind da sehr positiv überrascht worden“, erklärte Christian L.. Nun würde für sie allerdings der Konflikt mit dem Vermieter weitergehen.